Hornstrandir – Westfjorde (Island)
5 Tage Rundweg in der wilden Einsamkeit von Hornstrandir (15.-20.07.2014 / 50 km 2100 Hm)
Hornstrandir – Islands nördlichste Halbinsel in den abgelegenen Westfjorden.
Wie ein Drachen mit sechs Beinen zieht sich die Halbinsel Hornstrandir in nordwestlicher Richtung aus den Westfjorden heraus. Wem es auf den Normalrouten wie der Ringstraße, oder im isländischen Hochland noch zu bevölkert ist, der verirrt sich in das wenig erschlossene Gebiet der Westfjorde. Wer dann echte Einsamkeit, fern von jeglichen Straßen und Zivilisation sucht, der lässt sich mit dem Boot z.B. von Isafjördur nach Hornstrandir übersetzen.
Unsere Tourdaten:
Hornstrandir Etappe 1 – Látravík (Bucht Aðalvík) – Bucht Fljótavik (gpx-file)
Hornstrandir Etappe 2 Bucht Fljótavik – Bucht Hlöduvik (gpx-file)
Hornstrandir Etappe 3 Bucht Hlöduvik – Höfn (Bucht Hornvik) (gpx-file)
Hornstrandir Etappe 4 Bucht Höfn (Bucht Hornvik) – Veiðileysufjörður (gpx-file)
Alle GPX-Files auch unter –> Link zu gpsies download
Da dieser Reiseblog erst 2015 online gestellt wurde habe ich versucht die Tour auf Hornstrandir entsprechend meiner mehr oder weniger guten Erinnerung zu beschreiben. Da es in Island häufig mehrere und auch doppeldeutige Schreibweisen für die Orte gibt werde ich mich soweit wie möglich an die Schreibweisen aus der Karte, welche im Touristinformationscenter von Isfjördur erhältlich ist halten.
Der Laugavegur im isländischen Hochland 2013 hat uns Appetit auf „Meer“ Island gemacht. Die Entscheidung war schnell gefallen. Es muss im nächsten Jahr noch einsamer sein, denn der Laugavegur war doch bereits ganz gut begangen.
Einsamkeit findet man auf Island in den Westfjorden und nahezu völlig alleine ist man auf Hornstrandir. Wie bereits im Jahr zuvor sind Pierre und ich wieder gemeinsam mit Zelt, Kocher, Schlafsack und natürlich einiges an Proviant am Sonntag den 13.Juli 2014 von München in Richtung Rekjavik aufgebrochen.
Um noch am selben Tag unseren Ausgangspunkt für die Bootspassage Isafjördur zu erreichen müssen wir um 19:00 die kleine Propeller Maschine von Air Iceland erreichen. Es bleiben 3 h Zeit vom International Airport Kevlavik zum Stadtflughafen in Rekjavik zu wechseln. Der Busshutletransfer klappt problemlos.
13.Juli 2014 – die deutsche Fußball Nationalmannschaft steht im WM Finale gegen Argentinien und wir sitzen bei Anpfiff im Flugzeug von Rekjavik nach Isafjördur. Auch für einen Gelegenheitsfußballfan ist das die Höchststrafe.
Pünktlich um 19:50 Uhr zieht die Maschine in einer scharfen Kurve in den von hohen Bergrücken umgebenen Fjord von Isafjördur und setzt sicher auf der Landebahn ganz am Ende des Fjords auf. Zivilisation ja, Hektik nein – er wartet ein Privattaxi – wir fragen und schon fahren wir zu unserer Unterkunft Mánagisting Guesthouse Isafjördur (2014 74€/Nacht DZ). Die Unterkunft ist sauber, unspektakulär, nicht gerade eine Oase, aber ausreichend für die Vorbereitung der Trekkingtour auf Hornstrandir.
Kaum hatten wir unsere Rucksäcke aus dem Taxi geladen empfängt uns bereits der Hotelbesitzer und führt uns zum Fernseher, wo gerade die zweite Halbzeit des WM-Finales läuft. 0:0 und es geht in die Verlängerung. Klasse – so komme ich doch in den Genuss des WM-Endspiels wenn auch nur in verkürzter Form der zwei Halbzeiten der Verlängerung. Yippi yeah Deutschland ist WELTMEISTER 1:0 Götze macht das entscheidende Tor in zweiten Halbzeit der Verlängerung. Wir wollen feiern, gehen auf die Straße, doch merken schnell dass hier in der Einsamkeit Fussball nicht annähernd die Bedeutung hat wie bei uns zu Hause. Also feiern wir alleine am Strand von Isafjördur.
Am folgenden Tag erledigen wir die letzten Vorbereitungen. Für den Abend haben wir uns einen Platz im Tjöruhusid zum Fischbuffet reserviert. Wie sich herausstellt genau die richtige Wahl vor einem Ausflug in die Wildnis. Es gibt alles was der Kapitän heute gefangen hat plus einen tollen Salat und einen Nachtisch. Dieses Restaurant sei jedem empfohlen – besser Vormittags schon einen Platz für den Abend reservieren.
Etappe 1 – Isafjördur – Látravík (Bucht Aðalvík) – Bucht Fljótavik (12,8 km / 520 Hm)
Am Morgen steigen wir auf das kleine aber offensichtlich hochseetaugliche Boot von West Tours.
Es dauert seine Zeit bis das Gepäck der 8 anderen Passagieren im Rumpf des Bootes verstaut ist. Mit dem verlassen der Bucht von Isafjördur nimmt der Wellengang merklich zu was dem ein oder anderen Passagiermagen etwas aufstößt. Nun gut wir erreichen die Bucht Adalvik und die Anlegestelle Latrar nach eineinhalb Stunden Fahrt. mit einem abenteuerlich überladenen Schlauchboot werden wir vom „Mutterschiff“ zur Anlegestelle transportiert. Ein kurzer Blick zurück und wir sehen schon wie unser Boot die Bucht verlässt. Die mit ausgestiegenen Passagiere starten zu einer Eintageswanderung nach Hesteyri im Südenund werden am Abend wieder vom Boot mitgenommen.
Es ist warm, die Sonne wärmt uns den Rücken. Lichte Wolken hängen nur wenige Meter über uns. Die ersten Meter folgen dem Wirtschaftsweg der Siedlung Latrar. Den Übergang in den Pfad in Richtung Hochebene finden wir nur mühsam. Nach Überquerung einiger teilweise schon recht steilen Schneefelder erreichen wir die Hochebene, welche die Adalvik Bucht von der Flötavik Bucht trennt. Wir sitze über den Wolken in der Sonne. Der richtige Augenblick um das erste Outdoor Mittagessen zu kochen. Weiter geht es in Richtung Abstieg in die Bucht Fljötavik zum Fljötavatn (See). Am Rand der Hochebene bietet sic ein atemberaubender Blick auf die Bucht und den riesigen See. Dort sollen wir durch waten ? Den exakten Durchgang durch den See haben wir uns ja im Touristcenter geben lassen, aber von hier oben sieht das doch sehr gewagt aus. Das Wetter ist gut und somit entscheiden wir uns für die nasse Variante direkt durch den See und nicht für die mehrere Stunden längere Strecke am Seeufer entlang.
Wir folgen der guten Mrkierung mit Holzschildern guten Beschilderung durch das sumpfige Seeufer bis zur Einstiegstelle. Jetzt Schuhe, Socken und Hose alles runter und in den Rucksack. Dann geht es los. Gut 700 m durch den See. Das Wasser geht bis an die Hüften, doch ohne Strömung geht das ganz gut. Wir erreichen das sicher das andere Ufer und schlagen unser Zelt am Ufer der Bucht auf. Es regnet kurz, der Wind und das Rauschen des Meeres wiegt uns in die erste Nacht.
Etappe 2 – Bucht Fljótavik – Bucht Hlöduvik (16,4 km / 610 Hm)
Mit den ersten Sonnenstrahlen sitzen wir am Strand und frühstücken. Alles wieder eingepackt und los geht es. Wir ziehen rasch einige Höhenmeter am linken (östlichen) Ufer des Fljötavatn hinauf um die noch tief durchfeuchteten Hänge oberhalb etwas zu umgehen. Querfeldein wird es dann doch immer wieder sehr feucht. Bevor wir nach Westen ins Tal und in Richtung Almenningarvestari abbiegen stärken wir uns mit einer warmen Mahlzeit vom Benzinkocher. Stetig geht es bergauf bis ans Talende.
Dort liegen noch zwei kleine Seen, aber leider auch noch eine Menge Schnee welcher die Flanke zum Joch bedeckt. Da die Steigung für das Gehen im Schnee nur mit Wanderschuhen doch recht steil ist, entscheiden wir uns eine Route mit möglichst minimalem Schneeanteil zu suchen. Auf den letzten zwanzig Höhenmetern müssen wir dann doch noch ein steiles Schneefeld hinauf und oben noch eine kurze Querung nach links. Dann ist es geschafft – wir haben das Joch bzw. die Anhöhe erreicht und können schon bald in das weitläufige Almenningarvestari blicken. Wir queren an der rechten Hangseite und erreichen den zweiten Sattel.
Vor uns liegt die riesige Weite der Hlöduvik Bucht. Der angenehme Abstieg über mehrere Stufen, immer das tiefblaue Meer vor Augen.
Der Abstieg endet an der Mündung eines kleinen Flusses in dessen Mischwasserzone sich die Seevögelsich Dreck und Salz aus dem Gefieder waschen. Unglaublich auch die riesigen, vermutlich aus Sibirien stammenden Baumstämme, welche weit über den Uferbereich in der Bucht verteilt liegen. Dies lässt erahnen mit welcher Wucht hier die Wellen des Atlantik auf das Ufer treffen.
Zeltplatz zwischen Treibholz
Unser heutiges Nachtlager schlagen wir direkt hinter dem Strand nach einer Durchwatestelle in Mitten der Bucht von Hlöduvik auf. Von weitem erkennen wir ein kleines gelbes Haus – wie sich später herausstellt eine Forschungsstation. Eine Sache sei noch bemerkt. Nachdem Pierre im Abstieg einen kleinen Ausrutscher hatte und der gute „alte“ Leki-Trekkingstock dem Druck nicht mehr stand hielt, musste dieser mit einfachsten Mitteln in mehrstündiger Arbeit repariert werden. Der Abend ist gerettet, denn der Stock war wieder heile.
Etappe 3 – Bucht Hlöduvik – Höfn (Bucht Hornvik) (27,1 km / 1087 Hm)
Nach einer Viertelstunde erreichen wir die kleine Forschungsstation im gelben Haus, dann geht es linksseitig des Wasserfalles hinauf zum See auf der Hochebene, der auch den Wasserfall speist. Auf der heutigen wohl anstrengendsten Etappe haben wir das Zwischenziel, den Sattel Skalarskambur auf 436 m erreicht.
Vom Sattel bietet sich ein perfekter Blick zurück auf die Bucht Hlödivik. Doch nun kommt noch der zweite Teil der Etappe. Das bedeutet alles wieder hinunter bis auf Meereshöhe und dann wieder bis auf über 300 m hinauf. In weiter Ferne entdecken wir erstmals ein hundeähnliches Tier in den riesigen Geröllfeldern. Wie sich später herausstellen wird – unser erster Polarfuchs. Der Weg ist in diesem Bereich gut sichtbar und wir kommen zügig voran. Den ein oder anderen Bach können wir ohne Durchwatung queren. Bald erreichen wir den zweiten Sattel an diesem Tag Atlaskard. Noch einige Schritte über den Sattel und wir hoffen unser Tagesziel Höfn in der Bucht Hornvik zu entdecken. Nein – der Blick ist noch lange nicht frei, da noch ein Bergrücken zwischen uns und unserem Lagerplatz liegt. Diesen Bergrücken umgehen wir an der Küstenlinie. Das Touristikcentrum hat uns hier gewarnt, dass der Weg wohl ausgesetzt und teilweise abgebrochen sein soll. Nach dem zähen steileren Abstieg erreichen wir wieder die Küste. Der Weg verläuft unproblematisch direkt oberhalb der Küste, bis an einen Punkt kurz vor Höfn. Dort geht es über den Strand, dann an einem Seil wenige Meter einen Einschnitt hinauf und wieder hinunter.
Geschafft – etwas erschöpft nach der langen Etappe hätte ich fast unseren Gast übersehen. Der Polarfuchs kommt mir mit seiner Beute im Maul direkt auf dem Weg entgegen. Etwas verwundert bin ich, dass er von mir überhaupt keine Notiz nimmt. Wir verfolge Ihn noch ein Stück und sehen dann am Strand eine Polarfuchsmutter mit Ihren drei Jungen spielen. Lange sehen wir dem Treiben zu und fotografieren die Vier ausgiebig. Nur wenige Meter weiter dem Weg entlang bauen wir unser Zelt in der Umgebung der Rangerstation Höfn auf. Ich glaub das hier ist der einzige Ort auf der Welt an dem man die Polarfüchse so unbeschwert von der Nähe beobachten kann. Neugierig besucht uns einer direkt beim Abendessen. Der Abend vergeht mit Fuchsbeobachtungen wie im Flug.
Etappe 4 – Bucht Höfn (Bucht Hornvik) – Veiðileysufjörður (10,9 km / 511 Hm)
Kalt ist der Morgen und wir sind froh als die ersten Sonnenstrahlen uns wärmen. Heute steht eine kurze Etappe mit nur einem Anstieg auf dem Programm. Schon kurz nach dem Loslaufen bemerken wir, dass noch ein einzelner Wanderer uns folgt. Bald holt er uns ein und wir kommen ein wenig ins Gespräch. Es ist ein ambitionierter Fotograf und Weltenbummler, der sich in Island einen Namen beim Rennen auf dem Laugavegur und einigen anderen Ultra-Cross-Läufen gemacht hat. Wir unterhalten uns intensiv und merken die Anstrengung des Aufstiegs kaum. Rasch haben wir die Passhöhe bzw. den Sattel Hafnaskard erreicht.
Auf der Nordostseite war der Anstieg schneefrei. Jedoch auf der Südwestseite liegt ein steiles Schneefeld vor uns. Das Ende des Schneefeldes ist auf Grund der Hangneigung nicht zu erkennen. Wir entscheidung gemeinsam mit dem Fotografen über die von oben gesehen linke etwas steilere Hangseite durch schlagen von Trittstufen in den auffirnenden Schnee abzusteigen. Über diese Route ist der Weg über den Schnee am kürzesten, wenn auch etwas steiler. Mit den schweren Rucksäcken war es doch eine etwas wackelige Geschichte, doch wir erreichen das Geröllfeld sicher und setzen den Abstieg in den Veidileysufjördur weiter fort. Wir kochen uns eine warme Mahlzeit. Das Wetter zieht zu, es regnet und wird etwas ungemütlich. Also los – weiter in Richtung Meer – zum Anlegepunkt unseres Bootsshutles am kommenden Morgen. Wiedererwarten wird das Wetter immer besser je näher wir dem Fjord kommen. Bald scheint sogar noch die Sonne.
Das Zelt schlagen wir direkt am Wasser auf und können den ganzen Fjord aus dem Schlafsack im Zelt liegend beobachten. Zack – raus aus den Federn – wir bekommen Besuch von einem sehr neugierigen Seehund (oder Robbe kenne mich hier nicht so aus). Im spiegelglatten Fjordwasser taucht ein kleiner schwarzer Kopf aus dem Wasser und beobachtet uns. Nach einer guten halben Stunde verabschiedet sich der kleine Heuler.
Wir lassen die schönen letzten vier Tage Revue passieren und freuen uns schon auf morgen, wenn uns hoffentlich das Boot wieder zurück nach Isafjördur bringt.