Bodensee-Königsee-Radweg einmal andersherum
In Zeiten der Corona Pandemie fällt es uns nicht leicht abzuschätzen, ob es verantwortungsvoll ist eine mehrtägige Radwanderung durchzuführen. Unter Berücksichtigung der aktuell sehr niedrigen Fallzahlen und des vollständigen Impfstatus aller Beteiligten entschließen wir uns eine Tour im Heimatland zu planen. Das gibt uns maximale Flexibilität eine entspannte Anreise mit der Deutschen Bahn (so die Hoffnung) und Unabhängigkeit von unberechenbaren Corona-Restriktionen.
Der Bodensee-Königsee-Radweg führt in der „Normalrichtung“ 453 km und 3892 Höhenmeter von Lindau am Bodensee bis an den Königsee bei Berchtesgaden. Wir planen die entgegengesetzte Fahrtrichtung und starten bei Berchtesgaden am Königsee. Vom etwas raueren Berchtesgadener Land, dem Chiemgau, über das Tölzer Land weiter ins Blaue Land und über das Allgäu zum „Schwäbischen Meer“ dem Bodensee. Ein Freund aus vergangenen Studienzeiten, seine Tochter und ich machen uns also am letzten Juli Tag 2021 mit dem Zug auf den Weg nach Berchtesgaden. Die Etappen sind die ersten sechs Tage bis Füssen 60 -80 km lang gewählt. Auf den letzten 130 km von Füssen bis Lindau bin ich alleine unterwegs und werde dies wohl an einem Tag fahren.
GPX File von der offiziellen Seite (allerdings in normaler Fahrtrichtung)
Etappen
GPX-Tracks der Etappen zum Download direkt von dieser Homepage unter der Kartendarstellung
Tag 1 – Anreise nach Berchtesgaden – Königsee – Bad Reichenhall 32 km / 340 Hm – Komoot-Link-GPX
Tag 2 – Bad Reichenhall – Bernau am Cheimsee 82 km / 650 Hm – Komoot-Link-GPX
Tag 3 – Bernau am Chiemsee – Fischbachau 51 km /590 Hm – Komoot-Link-GPX
Tag 4 – Fischbachau – Benedigtbeueren 73 km / 800 Hm – Komoot-Link-GPX
Tag 5 – Benedigtbeuren – – Bad Kohlgrub 46 km / 450 Hm – Komoot-Link-GPX
Tag 6 – Bad Kohlgrub – Füssen – Oy (Weiterfahrt) 50 km (28 km) / 440 Hm (380 Hm) – Komoot-Link-GPX (Komoot-Link-GPX)
Tag 7 – Oy – Lindau am Bodensee 109 km / 610 Hm – Komoot-Link-GPX
Tag 8 – Lindau am Bodensee – Krumbach 113 km / 920 Hm – Komoot-Link-GPX
Gesamtstrecke
Tag 1 – Berchtesgaden – Königsee – Bad Reichenhall 32 km / 340 Hm (31.07.2021)
Es geht los. Die erste Etappe von Ingolstadt nach Berchtesgaden mit der Deutschen Bahn. Die Strecke hält heute einige Besonderheiten bereit. Ein Teilabschnitt zwischen Ingolstadt und München ist gesperrt. Es gibt keinen Ersatzverkehr. Gut das ich mit dem Fahrrad unterwegs bin. So sind die 18 km zwischen Rohrbach und Reichertshausen einfach zu überbrücken.
In Bad Reichenhall erwartet uns dann die nächste Überraschung. Der letzte Abschnitt nach Berchtesgaden ist aufgrund des Unwetter vor zwei Wochen immer noch gesperrt. Mal sehen ob wir mit unseren Rädern in den Bus einsteigen dürfen.
In Rohrbach endet dann tatsächlich der Bahn Verkehr. Der Radweg nach Reichertshausen ist auf der ersten Hälfte nach Pfaffenhofen durchaus lohnenswert. Links und rechts meterhohe Hopfenplantagen.
Im Zug von Reichertshausen kommt es dann zum ersten Corona Masken Eklat. Eine kleine Gruppe Jugendlicher hat versucht im Regionalzug etwas zu essen. Das war keine gute Idee, weil eine Mitfahrende das nicht so toll fand und dann mit wüsten Beschimpfungen und Drohungen gegen die Eigentlich ganz vernünftige Rune vorging.
Tatsächlich darf nur in Fernzügen gegessen werden. Ich wusste das auch nicht und war froh das ich Totenwinkel zuvor schon mein Schokocroissant vernichtet habe.
München Bahnhof pünktlich erreicht – Respekt Deutsche Bahn. Dann rein in die Bayerische Regional Bahn nach Salzburg. Fernzug – klasse – hier darf man etwas trinken und auch essen. Dieses Wochenende sind die Berge wohl recht angesagt, denn im Zug ist jede Reihe belegt und viele Mitfahrende haben einen dicken Rucksack dabei.
Freilassing umsteigen in die S-Bahn in Richtung Bertesgaden. Zwei Mitfahrende wolen Salzburg und fahren nun in die Berge zum Königsee. Sonst erreichen wir planmäsig Bad Reichenhall. Schienenersatzverkehr – der Busfahrer macht recht eindeutig klar , das die Fahrradplätze im Mittelteil seines Buses aufgrund irgendeiner Verordnung nicht belegt werden dürfen. Na toll – da fährt ein halbvoller Bus mit freien Fahrradplätzen ohne mich los. Das kann nicht sein. Mit Engelszungen kann ich den Fahrer überzeugen, es doch zu probieren und das Fahrrad an den dafür vorgesehenen Platz zu stellen. Und alles ging gut.
Intressant auch, das eine Stunde später meine beiden Begleiter ohne Probleme mit sechs Fahrrädern im gleichen Bus nur mit anderem Fahrer befördert werden konnten.
Zum Startpunkt , dem Königsee fahren wir noch sechs Kilometer von Berchtesgaden nach Schönau. Das Wetter ist stark bewölkt, aber hier und da schaut die Sonne vorbei.
Es ist nicht viel los am Königsee und wir entscheiden uns für den typischen Touritrip mit den Elektrobooten auf dem Königsee nach St. Bartholomä und weiter bis ans Ende des Sees nach Salet.
Beim Beladen des Bootes wird schnell klar warum die Inzidenzzahlen in Berchtesgaden aktuell zu den höchsten des Frreistaates zählen. Das Boot wird bis auf den letzten Platz voll geladen. Der Mund-Nase-Schutz mutiert bei einigen Mitreisenenden zum Mundschutz. Das ganz nett in Richtung Felswand geblasene Trompeten Echo ändert am Wohlbefinden im international besetzten Königsee-Kahn wenig. Entschleunigt mit 11 km/h erreichen wir nach einer halben Stunde den Ort Salet am Seende.
Von hier aus sind es noch ca. 15 Minuten zum Obersee. Ein lohnender Ausflug mit einem tollen Fotomotiv und einem idealen Badeplatz.
Ei n kurzes Bad im massig kalten Obersee und schon geht es wieder zurück in Richtung Boot und weiter zu unseren Rädern.
Jetzt beginnt also der Königsee-Bodenseeradweg Pünktlich zum Start beginnt es auch zu regnen, was die ersten 10 km Fahrt auf der Bundesstraße nicht gerade angenehmer macht. In jedem Fall ausbaufähig ist das Fahrradwegekonzept von Berchtesgaden in Richtung Bad Reichenhall. Sehr fragmentiert und mit hohem Bundesstraßenanteil zeigt sich der Weg nach Bad Reichenhall als wenig erholsam.
Das Gewitter zieht über uns hinweg. Dafür überfallen uns aber Schwärme von Mücken. Bleibt man nur 10 Sekunden stehen, fängt man sich mindestens drei Mückenstiche ein. So fahren wir also gut durchnässt durch, bis zum Steinerwirt auf der österreichischen bei Großgmain.
Schöner Gasthof, sauber Unterkunft und leckeres Essen – empfehlenswert.
Tag 2 – Bad Reichenhall – Bernau am Chiemsee 82 km / 700 Hm (01.08.2021)
Regen, Regen, Dauerregen und mehr als 40 km/h Gegenwind – Wetterbericht für heute, den 01. August. Beim erstklassigen Frühstück haben wir etliche Zweifel, ob uns die zweite und zugleich längste Etappe weiterhin in bester Urlaubslaune hält.
Pünktlich um kurz nach Acht zur Abfahrt beginnt es dann auch bereits leicht zu nieseln. Vom Steinerwirt geht es erst einmal wieder zurück nach Bad Reichenhall auf den Königsee-Bodensee-Radweg. Um nicht den gleichen Weg von gestern Abend wieder zurück zu fahren habe ich Komoot eine Route etwas nördlich erstellen lasse. Die hatte es in sich. Auf matschigen und teils ausgespülten Wegen ging es bergab und auch stückweise intensiv wieder bergauf. Am Ende durchqueren wir noch eine langes sumpfige Wiese bis wir den ersten asphaltierten Weg erreichen.
Wer wie wir beim Steinerwirt übernachtet und nicht so gerne Singletrails fährt sollte diesen Abschnitt bis nach Bad Reichenhall vielleicht nicht nachfahren. Jetzt hat der Himmel seine Schleusen geöffnet und wir ziehen unsere Regenkleider über.
Ja – Regenkleider – mangels wasserdichter Jacke haben die Mitfahrenden einen Regenüberhang angezogen. Beim aufkommenden Gegenwind plusterten sich die Dinger auf wie Segel, jedoch leider mit Zug in die falsche Richtung.
Kurz nach Bad Reichenhall durchqueren wir das parallel zur Saalach liegende Sumpfgebiet. Die Saalach sicherlich bei warmem Sommerwetter der ideale Platz zum Baden und Abkühlen. Leider spielt bei uns das Wetter heute nicht so mit.
Die Bäume biegen sich beachtlich und die ersten Äste fallen herab. Der Weg führt direkt neben der Autobahn entlang, was heute nicht weiters ist, da sich die Ferienblechlawine nur im Schrittempo Richtung Salzburg bewegt. In Aufham lässt dann der Regen etwas nach und die „Segelponchos“ konnten wieder eingeholt werden.
Weit sichtbar in Mitten des Tales ragt die St. Mariä Himmelfahrt Kirche in Anger empor. Nach einer viertel Stunde stehen wir auf dem weitläufigen Dorfplatz von Anger.
Schon nach weiteren zehn Minuten erreichen wir das malerisch am Höglwörth-See gelegene gleichnamige Kloster Kloster. Die Mönche seine Zeit wussten schon wo es idyllisch und schön war. Für eine Einkehr im einladend aussehenden Klosterwirt ist es noch etwas zu früh. Außerdem möchten wir gerne die fast trockene Periode nutzen um einen erstes großes Stück unserer 80 km Etappe zurückzulegen.
Der Radweg führt durch ein einsames Tal ohne Straße über Ramsau nach Teisendorf. Über kleine Nebenstraßen führt der Weg in einem ständigen bergauf und bergab vorbei an saftig grünen Wiesen und großen Bauernhöfen. Hier kommt also die Milch her, die ich bei uns in Ingolstadt als „Bergbauernmilch Berchtesgadener Land“ kaufe. Einige Höfe verraten mit einem Schild die entsprechende Vertragsbindung. Beim Hofwirt (empfehlenswert) in Oberteisendorf kehren wir ein um uns für den Rest der Strecke zu stärken.
Nach 17 km erreichen wir Traunstein, den nördlichsten Punkt unserer Tour. Halbumarmt vom Fluss Traun liegt der stattliche Ort zwischen den grünen Hügeln. Der Wegabschnitt an der Traun entlang und das noch ohne Nass von oben ist der bisherige Höhepunkt.
In Siegsdorf, was die Meisten sicherlich nur aus dem Verkehrsfunk kennen, verlassen wir die Traun und biegen nach Bad Adelholzen ab. Hier oben, unterhalb des herrschaftlichen Hauses steht die heute zumindest Bayern bekannte Fabrik der Adelholzener Alpenquelle. Adelholzen hat neben der Marke Adelholzener eine lange Tradition als Heilbad und Heilquelle. Im Kurort soll bereits der Papst Pius der XII. seinen Kuraufenthalt verbracht haben.
Leider ist in der aktuellen Corona Pandemiesituation das Besucherzentrum nu mit voriger Terminvereinbarung zu besichtigen.
Jetzt geht es zügig bergab nach Bergen. Es ist Nachmittag halb drei und genau die richtige Zeit für einen Kaffee und ein Stück Kuchen. Der Gasthoff zum Ott in Egerndach ist hier eine gte Adresse, wenn auch ein Teil des Servicepersonals nicht damit zurecht kam das der rustikale bayerische Charme zur Begrüßung nicht von jedem Gast als solcher verstanden wird.
Auf den letzten 10 km bis zum Chiemsee beginnt es dann aber auch noch leicht zu regnen. Schade das der historische Torfbahnhof im Hochmohr Kendlmühlfilzen nicht geöffnet hat. Der 1920 erbaute und erst 1988 außer Betrieb gegangene Torfbahnhof, direkt an der Eisenbahnlinie München-Salzburg zeugt von Zeiten in denen Klima- und Naturschutz noch eine untergeordnete Rolle spielten.
Auch wenn ein Bad im See nicht in Aussicht steht, wollen wir doch die Uferpromenade von Bernau anschauen und dem See „Hallo“ sagen. Nichts aufregendes – Yachtclub, Fahrrad- und Bootsverleih, ein kleiner Sandstrand und alles eingerahmt von zwei großen Medical Park Komplexen.
Bernau selbst liegt etwa zwei Kilometer vom See entfernt. Unsere Unterkunft der Sattlerhof ist eher ein liebevoll gestaltetes Sattlerhöfchen mit 5 Zimmern. Eine hübsche Pension direkt im Zentrum von Bernau.
Auch die Empfehlung zum Abendessen im Gasthof Kampenwand ist ein Volltreffer. Sehr gute bayerische Küche zu fairen Preisen und ein leckeres Bier.
Tag 3 – Bernau am Chiemsee – Fischbachau 62 km / 590 Hm (02.08.2021)
Die Sonne strahlt durch mein kleines Fenster. Es ist 6:30 Uhr und die dicken Regenwolken haben sich verzogen. Nach dem reichhaltigen Sattlerhoffrühstück fahren wir zurück zum Chiemsee. Es ist 8;30 Uhr auf dem See ist noch kein Mensch zu sehen. Bayerischer Himmel, Morgensonne und angenehm kühles Wasser sind ideale Bedingungen für ein ausgiebiges Bad.
Der Weg von Bernau nach Aschau führt auf oder direkt neben der viel hässlichen befahrenen Aufstiegsstraße entlang. In Frasdorf dürfen wir dann die Bundesstraße verlassen und folgen dem der alten Bahnlinie stets leicht bergab nach Achenmühle.
Von dort geht es weiter auf dem alten Bahndamm direkt am Flüsschen Rohrdorfer Ache entlang nach Rohrdorf.
In der Rohrdorfer Bäckerei und Café gibt es die erste Pause. Am Himmel zeigen sich die ersten dunklen Wolken.
Vor der Abfahrt ins Inntal reffe ich in Altbeuren noch dem jungen Hufschmied, der mit seiner mobilen Werkstatt vor dem Pferdestall steht und beginnt die Pferde zu beschlagen. Es gibt viel zu wenig junge Hufschmiede. Er könnte Tag und Nacht arbeiten erklärt er mir. Einerseits gut, weil man immer etwas zu tun hat, andererseits ist es teils auch sehr stressig, weil man seine Kunden ja nicht enttäuschen möchte. Der kleine Ort Altenbeuren ist mit seinen Pferdeställen und hübsch verzierten Häusern sehenswert.
Wir fahren hinunter ins Inntal, passieren Neubeuren und überqueren dann den von den letzten Regentagen gut gefüllten graubraunen Inn.
Das breite Inntal mit seinen saftig grünen Wiesen, ein paar Obstbäumen und vielen Maisfeldern ist schnell durchquert.
In Bad Feilbach beginnt es zu tröpfeln und wir überlegen kurz ob wir im direkt am Radweg gelegenen Kistlerwirt einkehren sollen. Keiner hat Hunger, oder Durst, der Regen hält sich auch noch zurück, also geht es weiter. Tolle Route direkt am Jenbach entlang. Wenn es hier einmal richtig warm sein sollte kann man sich glasklaren und sicherlich eiskalten über viele Steinstufen dahinplätschernden Wasser abkühlen.
Bei uns kommt das Wasser heute eher von oben. Kurz nach Bad Feilnbach erwischt es uns dann doch. Die über Stunden zu dunkelgrauen Ungetümen herangewachsenen Wolken entladen sich über uns. Ein großzügige Scheune bietet uns Schutz.
Nach einer halben Stunde ist der ganze Spuk vorbei und wir radeln weiter. Das war aber nur der erste Teil, die nächste Regenfront ist schon aufgezogen. Noch einmal Pause am Bergbauernhof. Doch das hat sich richtig gelohnt. Bim Blick zurück sehen wir einen kräftigen Regenbogen, der sich nicht über, sondern unter uns aufspannt.
Nun sind wir schon mitten drin im letzten Anstieg auf die Hochebene um Fischbachau. Wr passieren Niklasau und fahren über kurvige, winzige Sträßchen durch die malerischen Weidehügel bis nach Hundham.
Die Pension Pau von Frau Pischetsrieder liegt abgelegen am Ortsrand mit einem wunderbaren Blick ins Tal und die umliegenden Berge. Frau Pischetsrieder führt die Pension bereits seit über 60 Jahren. Wir kommen schnell ins Gespräch und Sie erklärt mir dass sich das Urlaubsverhalten in den letzten Jahren doch sehr vom traditionellen Wochen oder Mehrwochenurlaub zum kurzen Wochenend-, oder Mehrtagesausflug entwickelt hat. Ja – auch wir bleiben ja nur einen Tag und ziehen dann weiter in Richtung Bodensee. Doch auch hier kann ich mir vorstellen im Sommer oder Winter einmal einen längeren Urlaub zu verbringen.
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Tag 4 – Fischbachau – Benedigtbeuren 75 km / 580 Hm (03.08.2021)
Heute Morgen ist es frisch, doch in der Morgensonne kommen wir schnell auf Temperatur. Es geht sanft bergab und wir erreichen Fischbachau nach knapp 6 km. Nach übequeren der Leitzach erscheint recht verlassen bei den Glascontainern ein gut eingerichteter Barfußpfad, der natürlich sofort ausprobiert wird.
Es macht uns jetzt richtig Spaß. Wir radeln auf gutem Weg durch die Voralpenlandschaft, meist fern von den stark frequentierten Fahrstraßen. Auf einem Waldparkplatz entdecke ich ein königlich-bayerisches Scheissheisl. Das Kini zeichnet sich durch einen idealen Standort für dringliche Bedürfnisse und durch entsprechende Sauberkeit aus.
Sehr idyllisch verläuft der Weg über Neuhaus und Fischhausen direkt auf den Schliersee zu. Am Seerundweg herrscht noch Ruhe. Wir nutzen die erste Bank für eine Pause und ich stürze mich in Wasser. Es sind mehr Enten als Schwimmer im See. Es dauert nicht lange dann kommen schon die ersten SUPler und pumpen die riesigen Flöße des 21. Jh. auf.
Am linken Flussufer führt der Radweg um den Schliersee. Über Hausham nehmen wir Kurs auf das Nordufer des Tegernsees. Auf der der Straße oberhalb des Ostufers reiht sich Stoßstange an Stoßstange. Als Fahrradfahrer kann man sich hier nicht wohlfühlen.
Gut das wir am Gut Kaltenbrunn die Straße in Richtung dem Golfplatz Steinberg verlassen. Plötzlich in Schrei, ein Zischen und dann schlägt einer der Golfbälle rechts neben mir im Gebüsch ein. Der Warnschrei kam etwas spät. Ein Fahrradhelm hilft sicherlich nicht nur bei Stürzen, sondern auch bei Golfballattacken. Vor Bad Tölz durchqueren wir noch ein das Hochmoor Attenloher-Filzen. Wie aus einem Kochtopf steigt die feuchtwarme Luft aus dem sumpfigen Gebiet auf. Es ist schwül und es bilden sich bereits die ersten dunklen Wolken an den Bergrücken.
So langsam macht sich der Hunger breit und wir beschließen die erst beste Gelegenheit, am Besten noch vor Bad Tölz für einen Stop zu ergreifen. Das Papa’s Kesselhaus, südöstlich vom Zentrum von Bad Tölz kommt wie gelegen.. Coole lockere Einrichtung und Außenbereich. Papa’s Kesselhaus erinnert eher an eine Stunden- oder Sportkneipe. Mit Sicherheit aber nicht der Touri Standard aus der Innenstadt. Wer hier vorbei schaut, sollte unbedingt die Bruschetta mit Gorgonzola, Oliven, Knoblauch und Honig probieren – Weltklasse !
In der Fußgängerzone, Marktgasse ist einiges los. Doch viel Zeit bleibt uns nicht, denn die Sonne ist bereits verschwunden und dunkle Wolken machen sich am Himmel breit.
Auch auf den schönen Kiesbänken der Isar herrscht Aufbruchstimmung – der Regen steht bevor. Wir verlassen Bad Tölz über den Bereich des Kurparks und folgen dem Radweg entlang der Straße nach Heilbrunn. Der Badestop am Stallauer Weiher muss genauso ausfallen wie eine Fahrt auf der Sommerrodelbahn Blomberg.
Es beginnt kräftig zu regnen. Die Weiterfahrt nach dem ersten Unterstellen war keine gute Entscheidung. Vor Bad Heilbrunn werden wir dann richtig nass und das zweite Unterstellen brachte am Ende nicht viel. Die letzten sieben Kilometer bis nach Benedigtbeuren schüttet es in Strömen.
In unserer Unterkunft dem Gasthof Herzogstand leeren wir die Schuhe aus und hängen unsere tropfnassen Kleider in den Trockenraum. Der Gasthof mit seinen Zimmern hat seine besten Zeiten schon gesehen. Spartanische, lieblose Ausstattung. Auch der Chef gehört zur Kategorie Eisblockcharme. Für eine Nacht ein Dach über dem Kopf zu haben ist es aber OK. Der Abendspatziergang fällt wegen anhaltendem Regen leider auch aus.
Tag 5 – Benedigtbeuren – Bad Kohlgrub 46 km / 450 Hm (04.08.2021)
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Regen, Regen und noch einmal Regen. Als wir den Gasthof Herzogstand in Benedigtbeuren verlassen haben wir die Regenkleidung an und machen uns auf den Weg in Richtung Kochelsee.
Der Weg führt nicht direkt an das Seeufer, was aber auch nicht schlimm ist, denn Badewetter sieht anders aus. Ich dachte eigentlich der Weg würde über das Walchenseekraftwerk (ein Besuch lohnt sich) auf der linken Uferseite entlang führen. Das ist leider nicht der Fall, da der Felsenweg auf der Südseite ein Weg der MTB Kategorie S2 ist. So fahren wir auf der Straße nördlich am Kochelsee entlang und biegen dann am Zufluss der Loisach flussaufwärts ab. In Großweil treffen wir dann die Entscheidung den kulturellen Teil unserer Radwandertour im Freilichtmuseum Glentleiten zu bedienen.
Die Häuser, Höfe und Handwerksbetriebe aus den vergangenen Jahrzehnt oder sogar Jahrhunderten zu anzuschauen ist bei Regenwetter genau das richtige Programm.
Am meisten fasziniert mich die landwirtschaftlich und handwerkliche geprägte Lebensweise der Jahre 1920 bis 1960 auf dem Land im Vergleich zur Lebensweise in der Großstadt. Im Gegensatz zur Stadt, wo Elektrizität, Heizung und fließend Wasser bereits eine Selbstverständlichkeit war steht das körperlich anstrengende und harte Leben auf den Höfen im Alpenvorland und in den Bergen. Das Museum ist auch als Familienbesuch perfekt. Handwerker und Handwerkerinnen zeigen an verschiedenen Stellen wie z.B. aus Hanf Seile gefertigt werden, oder wie getöpfert wird. Oder wie Bier gebraut wird. In jedem Fall sollte man viel Zeit mitbringen um das weitläufige Areal zu erkunden.
Leider hat der Regen nur eine kurze Pause gemacht, so dass wir unsere Weiterfahrt von Glentleiten im Dauerregen fortsetzen. Ab Eschenlohe führt der Weg dann sehr idyllisch am Rand des Murnauer Moos vorbei. Die Wiesen und Sumpfflächen sind voll mit dem Regenwasser der letzten Tage und Stunden.
Im letzten Ort vor unserem heutigen Etappenziel Bad Kohlgrub passieren wir in Grafenaschau das sehr einladende Cafe Habersetzer. Leider sind wir so klitsch nass das keine Lust hat sich nach dem Kaffeegenuss noch einmal in die nassen Klamotten zu werfen. So müssen wir uns den Besuch auf ein anderes Mal aufheben.
Am Lindenbach entlang führt der Weg abseits der Hauptverkehrsstraßen stetig bergauf nach Bad Kohlgrub. Nach kurzer Suche finden wir dann auch die Pension Lengdobler nur wenige Meter abseits der Dorfmitte. Heizkörper auf und alles zum Trocknen aufhängen und dann Abendessen. Leider führt die Empfehlung der Pizzeria im Kurhaus ins Leer – Mittwoch geschlossen. Bad Kohlgrub – so stehts auf der Internetseite „… Bad Kohlgrub liegt inmitten des Naturparks Ammergauer Alpen und der Zugspitz-Region und wurde berühmt für die heilende Wirkung der dickbreiigen Moorbäder aus dem Bergkiefern-Hochmoor …“. Das mag sein, aber was wir heute schmerzhaft lernen ist, dass Menschen, die sich in Moorbädern von Bad Kohlgrub entspannen, offensichtlich keinen Hunger haben, oder auf die bekannte traditionelle bayerische Küche keinen Wert legen. Es ist Mittwoch der 4. August 19:00 Uhr, Hauptferienzeit in Baden-Württemberg und Bayern. In Kurort Bad Kohlgrub Zentrum (Radios 600 m) gibt es nur eine für uns geöffnete Lokalität. Ja – ich halte es nicht für möglich, dass ich in Bad Kohlgrub meinen Erstkontakt mit der indischen Küche erfahren darf. Avtar das indische Restaurant in Bad Kohlgrub hat nicht den besten Service und auch die Tischhygiene ist ausbaufähig, doch das Essen schmeckt hervorragend. Es ist nicht überraschend, dass sich die restlichen hungrigen und eingeschränkt mobilen Gäste von Bad Kohlgrub hier zusammenfinden. Danke Bad Kohlgrub für die Erhebung der Kurtaxe und den traditionellen kulinarischen Fußabdruck bei Euren Gästen. Vielleicht schafft Ihr es, um den Gesamteindruck abzurunden, den EDEKA Lebensmittelladen durch einen Asia-Shop zu ersetzen.
Ich freue mich schon auf die nächste Etappe und bin gespannt welche kulinarischen Zwangsüberraschungen dort auf mich warten.
Tag 6 – Bad Kohlgrub – Füssen – Oy 78 km / 820 Hm (05.08.2021)
Juhu – es hat tatsächlich nach über 24 Stunden aufgehört zu regnen. Wir decken uns in Saulgau mit Backwaren ein, da die Wegstrecke bis zur Wieskirche keine weiteren Einkaufsmöglichkeiten bietet und wir am Rastplatz Wieskirche mit schöner Aussicht gerne ein Pause machen würden. Der Weg über Altenau, Unternogg, Wildsteig führt super schön durch die hügelige Voralpenlandschaft. in Wies an der Wieskirche kommt dann tatsächlich noch die Sonne zum Vorschein.
Nach der obligatorischen Besichtigung der Kirche und einer Brotzeit am Radlrastplatz geht es bei bestem Sonnenwetter weiter schöne asphaltierte Waldwege und Nebenstraßen bis nach Halblech.
Ganz entfernt am Horizont taucht immer wieder das Königsschloß Neuschwanstein hoch über der Ebene auf und ab und zu auch das elterliche Schloß des Kini – Schloß Hohen Schwangau. Auch dieser Wegabschnitt am Bannwaldsee vorbei und auf Nebenstraßen und Wegen bis Hohenschwangau gefällt uns riesig. Am Schloßparkplatz ist wie an den meisten Tagen im Jahr Hochtourismus. Da wir alle die Königsschlösser mindestens einmal schon besichtigt haben beschließen wir den Lechfall beim heute sicherlich sehr hohen Wasserstand anzusehen.
Füssen ist schnell erreicht. Wir fahren über das nördliche Lechufer zum Lechfall und trauen unseren Augen nicht. Der üblicherweise türkisblaue Lech ist heute eine graubraune Brühe die das Flußbett an der ein oder anderen Stelle bereits verlassen hat.
Von den Lechfallkaskaden ist aufgrund der riesigen Menge an Wasser kaum mehr etwas zusehen. Der Lech presst sich unter der Brücke gewaltig durch die Felsenge.
Nach dem imposanten Anblick lassen wir den Mittag im liebevoll eingerichteten und sehr freundlichen Cafe Genusswelten ausklingen. Denn um 16:00 Uhr trennen sich unsere Wege. Die Mitreisenden fahren zurück ins Schwabenländle und ich versuche den Königsee-Bodensee-Radweg morgen bis Lindau noch zu Ende zu fahren.
Vom Bahnhof in Füssen fahre ich stadtauswärts. Den Forggensee mit seinem Schauspielhaus am Ufer kann ich nur erahnen, weil der Weg recht schnell Kurs in westliche Richtung zum Hopfensee nimmt. Die ersten Kilometer führen langweilig, Mangels Wegenetz um den Hopfensee auf einem Radweg neben der Hopfener Hauptverkehrsstraße entlang.
Die Sonne scheint „noch“ mit voller Kraft. Ich nutze die erste Gelegenheit auf der Wiese an der Uferpromenade für ein erfrischendes Bad im gar nicht so kalten Hopfensee.
Bei herrlichem Sonnenwetter fahr ich stets etwas bergauf nach Speiden. Speiden ist nicht nur durch seine Wallfahrtskirche Maria Hilf bekannt, sondern auch für sein Sudhaus. Schon vor vielen Jahren habe ich im Sudhaus schöne Stunden bei leckerem Bier und gutem Essen verbracht.
Leider ziehen schon wieder sehr dunkle Wolken am Horizont auf und es sind noch fast 20 km bis zum Ende dieser Etappe in Faistenoy kurz vor Oy. Also radle ich weiter und hoffe darauf das ich es noch trocken bis Nesselwang schaffe.
Es geht stramm bergauf, aber auch immer wieder entspannt bergab. Doch die Wolken verdichten sich zu einem bedrohlich dunklen Himmel und ich bin froh als ich die Pizzeria il Borgo erreiche. Ja- wenn man alleine unterwegs ist kommt sehr schnell ins Gespräch. So auch mit dem Familienvater am Nachbartisch über verkleidete Liegeräder – velomobil. Interessant ist das man mit den vollverkleideten Dingern auf asphaltierten ebenen Strecken, ohne große Kraftanstrengung Geschwindigkeiten von über 40 km/h hin bekommt. Und das ohne E-Unterstützung. Das Ganze hat aber auch seinen Preis – 8000 € plus Elektrifizierung 1500 €. Da ist man schnell bei einem Kleinwagen.
Nach der leckeren Pizza und der netten Unterhaltung ist auch der Regenschauer vorbei und ich kann die die letzten sechs Kilometer über Haslach nach Faistenoy in der Abendsonne fahren.
Der kleine abgelegene Bahnhof Haslach an der Bahnstrecke nach Garmisch-Partenkirchen kommt mir irgendwie bekannt vor. Ja – richtig vor vielen Jahren machten wir einmal einen Winter-Bahnerlebnisausflug mit der Außerfernbahn von Kempten über Haslach nach Garmisch. Auch die Unterkunft Cafe-Pension Grüntensee direkt an der Bahnstrecke in Haslach existiert noch.
Heutige Unterkunft Pension Hensel – wichtig im Ort gibt es kein Restaurant – nicht einmal ein indisches 😉