Das Rila Gebirge ist unser diesjähriges Wanderziel (weitere Informationen). Wir starten unsere siebentägige Wandertour am 12.9.2016 in Panichishte auf der Nordseite des Rila Gebirges.
Die Herkunft Rila stammt wohl aus dem thrakischen und bedeutet so viel wie „Gebirge mit viel Wasser“. So gibt es mehr als 2000 Gletscherseen. Die zackigen Gipfel des Rila reichen bis auf eine Höhe von 2900 m (Musala 2925 m). Außerdem soll es im Rila Gebirge noch Bären und Adler geben. Wir sind gespannt was uns erwartet und steigen etwas südlich der mehr als 100°C heißen Mineralquellen von Separeva Banya in Panichishte ein.
Bilder
Tourdaten
11.9.16 Tag 1 – Flug München – Sofia – Transfer nach Panichishte
12.9.16 Tag 2 – Panichishte – Rilski Ezera Hütte – gpx-download
13.9.16 Tag 3 – Riski Ezera Hütte – Ivan Vazov Hütte – gpx-download
14.9.16 Tag 4 – Ivan Vazov Hütte – Maljovica Hütte – gpx-download
15.9.16 Tag 5 – Maljovica Hütte – Tageswanderung auf die Lovnitsa – gpx-download
16.9.16 Tag 6 – Maljovica Hütte – Rila Kloster – gpx-download
17.9.16 Tag 7 – Rila Kloster – Transfer ins Pirin Gebirge Vihren Hütte
–> weiter geht’s im nächsten Beitrag sieben Tage im Pirin Gebirge
Wanderführer:
Rother Wanderführer Bulgarien, Pirin- und Rila-Gebirge (Link)
Kartenmaterial:
Rila Nationalpark, Bulgarien topographische Wanderkarte 1:50.000, Domino tourist map (Link)
Zusätzlich ist ein Gerät wie Smartphone mit Powerbank oder Garmin GPS und OpenStreetMap (OSM) Karten als Navigation sehr hilfreich. Wir hatten auf den Android Smartphones die App OSMand mit Bulgarienkarte und Höhenlinien Erweiterung. Diese Karte war detaillierter als die Papierkarte und hat uns vor einigen Fehlern bewart.
Ausrüstung:
Neben der typischen Hütten-Wanderausrüstung für den alpinen Bereich > 2000 m waren folgende Dinge u.a. wegen etwas anderem hygienischem Standard im Vergleich zu deutsch/österreichischen Hütten sehr hilfreich:
1. Zweites Paar Schuhe wie Crocs o.ä. anstatt Hüttenschuhe
2. Hüttenschlafsack besser Leichtschlafsack – es wird zum Teil sehr kalt
3. Toilettenpapier – 1 Rolle pro Person
Übersicht
GPX-File downloadTag 1 – München – Sofia – Panichishte (11.9.16)
Sechs Uhr Start in Stammham zum Flughafen nach München. Checkin, Abflug im wenig besetzten Lufthansaflug LH1702 nach Sofia. Im Anflug auf Sofia scheint es als habe es sehr lange nicht geregnet. Bis auf die Wälder und wenigen Büsche ist die Landschaft steppenbraun. Planmäsige Landung um kurz vor zwölf Uhr Ortszeit( + 1 Stunde Zeitverschiebung). Peter, unser Fahrer von Sofia nach Panichishte kommt pünktlich zum Treffpunk am Terminal.
Das Team von bulgariatransport.com arbeitet absolut zuverlässig. Ja – Peter hat uns sogar eine Internet-SIM von Telenor organisiert, so dass wir diesen Blog weiter schreiben können. Im Umland von Sofia haben sich uns bekannte Unternehmen niedergelassen. Bauhaus, Ikea, Kaufland, Lidl und natürlich das gelbe M haben im Zuge der Europäisierung hier fussgefasst. Nach wenigen Kilometern verlassen wir Sofia. Es ist grün und Laubwald säumt die Straßen. Von Weitem zeichnet sich das Rila Gebirge am Horizont ab.
Hotel Rila 6Ato Panichishte
Steil führt die Straße zur Unterkunft RiLa 6ato Hotel hinauf bis auf 1300 m.
Im Hotel angekommen erfahren wir dass aktuell im Gebiet um das Hotel ein Berglauf zur Weltmeisterschaft stattfindet und die Straße in Kürze für einige Stunden gesperrt wird. Glück gehabt, sonst wäre wohl eine Zwangspause fällig gewesen. Das Hotel ein hübsches Holzhäuschen mit moderner Ausstattung und sehr freundlichem Personal.
Leider erfahren wir dass unsere für morgen geplante Hütte Sedmente Ezera bereits ausgebucht ist. Naja – man kann nicht immer gewinnen. Mal sehen wo wir morgen Abend schlafen. Im kleinen Hotelrestaurant essen wir zu Abend. Heute ist ein guter Tag, ich konnte das erste Mal überhaupt bei unseren Touren Pierre im Spiel 10.000 überlisten.
Tag 2 – Panichishte – Rilski Ezera Hütte 15 km / 1000 Hm (12.9.16)
Heute Morgen ließen wir es ganz ruhig angehen. Frühstück acht Uhr dann noch gemütlich zusammenpacken und loswackeln entlang der Fahrstraße. Immer wieder treffen wir auf die Rennstrecke der Bergläufer. Die Sonne scheint und im Nadelwald geht es dem Zwischenziel Wasserfall entgegen. Schon nach zehn Minuten verfolgt uns eine Dame. Mal ist sie hinter uns, aber meist läuft sie uns voraus. Wir nennen sie „Followme“. Sonst ist es sehr einsam. Es gibt viele Markierungen und von der EU gesponserte Informationstafeln, doch wechseln diese wild ihre Farbe und sind oft vieldeutig. So kommt es schon zu der ein oder anderen Querfeldeineinlage. Nach zwei Stunden erreichen wir die Hütte Ckakavitsa.
Wasserfall
Mit dem Wirt vereinbaren wir, dass wir nach der Wasserfallbesichtigung zum Mittagessen vorbei kommen. Nun geht es ein wunderschönes Tal mit glasklaren Bergwassergumpen hinauf in Richtung Wasserfall.
Trotz völliger Ignorierung bleibt Followme unsere Begleiterin. Das Zwischenziel Wasserfall entpuppt sich zu einem über die Felsen fließenden Gebirgsbach – fallen tut da bis heute nicht soviel.
Beim Fotografieren machte sich dann auch noch mein Objektivdeckel selbstständig und verschwand auf nimmer wiedersehen im Blockgestein. Korrektur auf Wunsch des Objektivdeckeleigentümers: „… Richtig heist es : Beim Fotografieren machte sich dann auch noch der Objektivdeckel meines Sohnes selbstständig…“. OK, den muss ich dann schon nicht mehr tragen. Gemeinsam mit „Followme“ mache ich ein Mittagsschläfchen.
Dann brechen wir auf zurück zur Hütte. Der Wirt war super freundlich und seine Frau baute uns einen Teller Pommes mit geriebenen Schafskäse. Gegen drei Uhr brechen wir auf zur Hütte Rilski Ezera. Steil geht es die Schneise der ehemaligen Skiabfahrt hinauf. Irgendwann war dann auch der Weg zu Ende und wir querten wild durch die Wacholderbüsche bis wir wieder auf den blau markierten Weg stoßen.
Noch wenige Höhenmeter und schon steht der riesige Bau der Skistation und Hütte Rilski Ezera vor uns. Der Sessellift aus dem Tal Panichishte endet kurz vor der Hütte und befördet noch viele Tagestouristen zurück ins Tal. Man muss wissen, dass das Gebiet der sieben Rila Seen in Bulgarien sehr bekannt und beliebt ist.
Den Beweis sehen wir an den vielen Spuren in den Hängen und den unzähligen Wanderern sofort. Offensichtlich ist in Bulgarien der Trainingsanzug der bayerischen Sportartikelhersteller die beliebteste Outdoorbekleidung. Auch Handtaschen von Gucci machen einen Rucksack überflüssig.
Hütte Sedmente Ezera
Trotz der gestrigen Mitteilung, dass die Hütte Sedmente Ezrra voll besetzt ist, machen wir uns auf den Weg. Notfalls könnten wir die dreiviertel Stunde zurück zur Skistation laufen. Das Wetter trübt ein und wir erreichen gegen halb fünf die Hütte. Mir fällt beim Öffnen fast die Tür aus der Angel.
Keiner da – für voll belegt sieht es hier ganz schön verlassen aus. Doch im Verschlag der Küche brennt unter einem Berg von Kochtöpfen noch ein Feuer. Hier wohl die letzten 40 Jahre keiner mehr etwas instandgesetzt. Es war ein Gefühl wie wenn man ohne Erwartungen an einen Ort kommt und trotzdem noch enttäuscht wird.
Wir wollen nicht warten bis derjenige kommt, der aus dem Berg von Töpfen und den rumliegenden Lebensmitteln etwas essbares zaubert.
Hütte Rilski Ezera
Die Entscheidung ist schnell getroffen, wir verzichten auf die idyllische Nacht in der siebziger Jahre Hütte und wandern zurück zur Skistation Rilski Ezera. Diese Hütte hat den Charme einer Lagerhalle, aber es ist etwas sauberer und es gibt einen jungen Wirt der einen frittierten Käse mit Tomaten zubereiten kann. Typisch – jegliche Installation wie Gangbeleuchtung, Toilettentürschlösser… haben vermutlich nur einmalig zur in Betriebnahme funktioniert – wenn überhaupt. Lustig ist auch das Tischchen mit einer elektrischen Rechenmaschine vor der Toilette.
Vielleicht für Gruppenbesuche um die Gebühren exakt zu kalkulieren. Ich brauch nicht zu erwähnen, dass die Etagendusche zwar einen Regler für warm und kalt hat, die Temperatur auf beiden Seiten jedoch weit unter der Wohlfühlschwelle bleibt.
Tag 3 – Rilski Ezera Hütte – 7 Rila Seen – Hütte Ivan Vazov 9 km / 600 Hm (13.9.16)
Ja – schlimmer geht immer. Bei der Frühstückswahl war ich wohl noch etwas verschlafen und entschied mich nicht für die eigentlich sichere Variante mit abgepackter Marmelade, Honig und Brot, sondern für die sogenannte Pasta mit Schafskäse. Naja – die Pasta war salzlos verkochter Nudelbatz und eine Scheibe Käse drüber. Ich stell hier lieber kein Bild ein.
Wir sind sehr gespannt was uns heute noch alles erwartet. Um halb neun ist alles in den Rucksäcken verstaut und wir wählen den steilen Weg hinter der Hütte hinauf zu den Rila Seen. Kaum haben wir die Hütte verlassen haben wir schon wieder einen Begleiter. Er folgt jedoch nach einer Stunde den ersten entgegenkommenden Wanderern.
Wir queren ein Hochplateau, dessen braunes Gras in der Sonne leuchtet und einen schönen Kontrast zu den tiefblauen Seen bildet. Der Wind bläst stark und kalt vom Tal hinauf. Der Plan für heute ist – Wanderung zur Hütte Ivan Vazov. Falls wir dort etwas zu Essen bekommen und eine trockene, saubere Matratze würden wir dort bleiben. Wenn nicht, dann wird’s anstrengend, denn dann müssten wir alles zurücklaufen und könnten uns wieder auf einen kulinarischen Tiefflug auf der alten Hütte einstellen. Es sind noch keine Wanderer unterwegs.
Rila Seen
Die oberen Rila Seen sind tiefblau bis grün gefärbt und glasklar.
Die ersten Wanderer holen uns ein. Drei Bulgaren – der Älteste sieht genauso aus wie ich mir einen Einheimisch vorstelle. Lebensfroh, ein von der Arbeit gezeichnetes Gesicht und super freundlich. Mit englischdeutschbulgarisch und vielen Gesten verständigen wir uns und verstehen, dass wir den Weg über den Grat zur Hütte gehen sollen und das der FC Bayern der beste Fußballverein der Welt ist. Die Drei bestehen auf ein Foto mit uns – rasch ist ein Fotoshooting im Gange.
Ein kurzer intensiver Abschied und dann gehen wir links den Hang hinauf und die Drei rechts. Mit jeder Felsstufe bergauf sehen wir einen der sieben Rila Seen mehr. Am obersten See angekommen machen wir eine ausgiebige Pause und beobachten die vielen Wanderer, welche mit der Seilbahn hinauf gekommen sind und nun ebenfalls zu den Seen aufsteigen.
Immer weiter geht es bergauf bis auf 2600 m. Im weitläufigen Sattel zweigen wir scharf nach rechts auf den Grat zum Berg Ortoviski Vrah (2696m). Der Grat zieht sich 300 m oberhalb der Rila Seen sanft bergan bis zum Gipfel Ortoviski Vrah (2696m). Die Aussicht ist atemberaubend und entschädigt die verkochte Pasta und den Instantkaffee. Der Auslöser unserer Kameras steht nicht mehr still. Eine Panoramapause folgt der nächsten und wir lassen uns richtig viel Zeit. Unter uns zeichnen sich nicht nur die wunderschönen Rila Seen ab, sondern auch eine riesige Menge an Turnhosentouristen.
Hütte Ivan Vazov
Wenn wir auf die andere Seite ins Tal schauen sehen wir die orange angestrichene Hütte Ivan Vazov mit ihren Nebengebäuden.
Um die Hütte weiden die Kühe und viele Pferde. Offensichtlich gibt es keine Straße oder ähnliches zur Hütte. Alles die Hütte zur Bewirtung benötigt wird über Lastpferde herangeschafft.
Der Abstieg vom Gipfel Ortoviski Vrah zur Hütte ist kurz und steil. Um halb drei erreichen wir die Hütte Ivan Vazov auf 2300 m. Jetzt beginnt der Urlaub richtig. Hier ist Leben. Vor der Tür sitzt der Gitarrenmann und die anderen Männer räumen Holz in den Keller.
Die Lager sind sauber und wir bekommen einen frischen Kissenbezug und ein frisches Leintuch – unser kleines Paradies. Der Gitarrenmann spielt und wir trinken einen Kaffee in der Sonne. Spannend ist immer das Abendessen. heute bekommen wir Bohnensuppe mit Krautsalat. Sehr lecker, reicht aber nicht ganz auf um die verbrauchten Kalorien wieder aufzubauen. Doch wir wollen nicht klagen, die Hütte ist klasse und satt werden wir sicherlich auch mal woanders.
Tag 4 – Ivan Vazov Hütte – Maljovitsa Hütte 12 km / 655 Hm (14.9.16)
Heute morgen werde ich vom Esoterikwecker meines bulgarischen Lagernachbarn um sechs Uhr geweckt. Kaum hatte ich mich noch einmal umgedreht saßen mein Nachbar und seine französische Meditationsschülerin senkrecht und regungslos neben mir. OK – dachte ich mir und schlief noch eine halbe Stunde. Kaum zu glauben die Beiden saßen immer noch stumm neben mir. Mit der Ruhe war es jetzt aber vorbei, weil der Handywecker eines anderen Lagerbewohners aktiv wurde. Ungeschickt nur, dass sein Telefon in einen schmalen Schlitz unter das Bettenlager gerutscht ist und nun unzugänglich vor sich hin brüllte. Alle Rettungsversuche halfen nichts, wir konnten das Telefon nicht befreien. Erst einige Zeit später rettete der Wirt das Telefon und wohl auch die Konzentration der zwei Meditierenden. Das Frühstück war klein, aber sehr sehr lecker. In Ei gebackenes Weißbrot mit Marmelade und Käse. Um kurz nach Acht verlassen wir die freundliche, gepflegte Hütte Ivan Vazov.
Die Temperatur heute Nacht war deutlich unter dem Gefrierpunkt – der Reif der Nacht überzieht die weite Grasebene.
Gipfel Maljovitsa
Unser Weg führt uns heute über den Grat und den Gipfel der Maljovica (2729 m). Die Sonne scheint herrlich und trotzdem ist es nicht zu warm. Auf der Nordseite fällt das Gelände steil in einen Kessel ab. Auf der Südseite werden die Wiesen von einer Herde Pferde beweidet.
Der Grat spitzt sich ab Dodov Vrah (2661 m) zu und es eröffnet sich ein imposanter Blick auf das 1400 m unterhalb gelegene Rila Kloster.
Es geht auf und ab über den Gipfel Malak Mermer (2562 m) und vor dem Maljovitsagipfel steigen wir noch einmal 200 Hm bergauf. Vom Gipfel haben wir einen super Blick ins Maljowitsatal und sehen auch unser heutiges Tagesziel die Maljowica Hütte.
Der Abstieg führt über den Eleni Vrah (2654 m), steil aber idyllisch.
Der Elenini See lädt zu einer ausgiebigen Pause ein. Ich lerne mit Hilfe von Pierres Anglerkenntnisse die kleinen Fische im See kennen – sie nennen sich Elritzen. Es gibt aber auch einen Fisch im Teich, den ich kenne – die Forelle.
Nach der Fischkunde ziehen wir weiter talabwärts und erreichen um drei Uhr die Maljovica Hütte.
Hütte Maljovica
Klasse Unterkunft mit neuen Betten und freundlicher Wirtin, leider aber ohne Toilettenpapier. Auch auf Nachfrage gibt es dieses nicht – ich möchte nicht wissen wie die Situation von anderen Besuchern gelöst wird. Auch dieses Problem werden wir in geeigneter Weise lösen und buchen uns hier für zwei Nächte ein.
Am Abend kommen noch einige einheimische Gäste. Interessant für uns ist, dass in der Gaststube der Hütte durchaus der Verzehr von mitgebrachten Speisen erlaubt ist, wenn man Getränke oder andere Speisen von der Hütte zusätzlich konsumiert. So packen die fünf Bulgarier Ihre Tomaten, Gurken, Zwiebel und Schafskäse aus, bereiten einen Salat zu. Gewürzt wird mit allem was die Hütte auf dem Tisch zu bieten hat. Dies wäre ein sicherer Grund aus einer DAV-Hütte zu fliegen, hier gehört es zur Lebensweise.
Tag 5 – Maljovica Hütte – Tagewanderung auf die Lovnica 8 km / 770 Hm (15.9.16)
Heute haben wir uns den 2692 m hohen Berg Lovnitsa vorgenommen. Von der Maljovitsa Hütte wollen wir direkt zum Biwak unterhalb des Orlovets (Adler) aufsteigen. Wenn man von der Nordostseite auf den Berg schaut sieht er wirklich wie ein Adler aus, der seine Flügel ausbreitet aus.
Weit oben im sonnigen Westhang der Kamilata (Kamel) macht Pierre ein ganzes Rudel Gemsen aus. Sie ziehen den Hang bis auf den Grat hinauf und sehen von einem ausgesetzten Felsvorsprung filmreif auf uns herunter.
Wir beobachten sie noch eine ganze Zeit bis die Gemsen weiter ins nächste Tal gezogen sind. Nur zwei bleiben zurück und sehen uns von weit oben beim Aufsteigen zu. Gegen halb elf erreichen wir das Biwak Orlovats, welches auf einem Kegel in der Mitte des Kessels unterhalb des Berges gebaut wurde.
Viele Gedenktafeln erinnern an die in diesem Gebiet um den Orlovats und Zlija Zab (Böser Zahn) verunglückten Bergsteiger.
Gipfel Lovnitsa
Wir wählen den einfacheren Aufstieg auf die Lovnitsa und erreichen diese über den Sattel Zlija Prelez und einen weitflächigen Grashang. Der Ausblick ist atemberaubend.
Im Südwesten die unendlich tief erscheinende 1200 m tiefe Wand des Zlija Zab – unser morgiges Ziel, das Tal des Rila Klosters. Nach Norden die senkrecht abfallende Wand der Lovnitsa und der Blick auf die Ebene zwischen Vitosha Gebirge und Rila Gebirge. Freude kommt auf, als wir unser Lunchpaket öffnen. Alles drin Käse, Brot, Tomate, Gurke, Paprika und noch ein Schmackofatz. Um halb zwölf ziehen die ersten Wolken vor die Sonne und wir treten den Abstieg an. Der Rückweg führt uns nach dem Biwack in einen weiteren Sattel und dann in eine steile Scharte.
Den Kessel unterhalb des eben bestiegenen Berges durchqueren wir mühsam in schwerem Blockgestein. Die Markierungen sind nur sporadisch in Form von Steinmänchen vorhanden. Leider verlässt uns das Wetterglück und es beginnt leicht zu Tröpfeln. Nach einer kurzen Pause am See Strasnoto geht es auf gut markiertem Weg zurück zur Hütte. Der Abstieg bei herrlichem Sonnenschein durch dichten Latschenkieferwald entlohnt für den Regen am Berg.
An der Maljovitsa Hütte angekommen mache ich in einem verfallenen Nebenhäuschen (Gartenlaube) die Entdeckung des Tages – eine unbenutzte Rolle Toilettenpapier. Wie so oft lösen sich die meisten Probleme mit der Zeit von ganz alleine.
Tag 6 – Malijovica Hütte – Rila Kloster 11 km / 750 Hm (16.9.16)
Der letzte Tag im Rila Gebirge. So schnell vergeht die Zeit. Um viertel vor acht marschieren wir bei klarem Himmel, aber einer Temperatur von nur wenigen Grad über Null an der Maljovitsa Hütte los. Das heutige Ziel ist das Rila Kloster. Ich bin gespannt, ob die Mönche meine zahlreichen unbestätigten Reservierungsversuche berücksichtigen konnten. Nur dann haben wir die Möglichkeit im bekanntesten Kloster und Wahrzeichen der bulgarisch-orthodoxen Kirche zu übernachten.
Gipflel Maljovitsa
Im Schatten führt der Weg auf den Gipfel der Maljovitsa (2729 m), welchen wir Vorgestern bereits schon einmal überquert haben. Heute morgen sehen wir an den Hängen um uns herum einige Rudel Gemsen.
Am romantischen Enini See überstrahlt die Sonne dann bereits die hohen Bergkämme und wärmt uns den Rücken. Vom See aus gehen wir eine wilde, wenig begangene Route weiter auf den Grat der Maljovitsa.
Nach drei Stunden stehen wir auf dem Gipfel und wie bereits in den letzten Tagen ist die Sonne verschwunden.
Wir gehen davon aus, dass sich über dem Rila Hauptkamm durch die aufgehende Sonne thermisch bedingte Wolken bilden. Diese liegen über den hohen Bergen und werfen ihre Schatten. Der Weg führt uns auf dem Kamm weiter nach Westen, vorbei an einer Herde Pferde und mehreren Rudel Gemsen. Diese flüchten in die steilen unzugänglichen Berghänge. Wir verlassen den Kamm in Richtung Süden und beginnen den steilen Abstieg von 1600 Hm in Richtung Süden. Ein traumhafter schmaler Pfad führt uns erst durch trockene Wiesenhänge und später in eine Zone von hohem Gras und leichtem Bewuchs von Birken und Hagebuttensträuchern.
Herrlich scheint die Die Sonne und je tiefer wir kommen um so größer werden die Schweißperlen auf unserer Stirn. Keine Menschenseele ist unterwegs, wir sind seit heute Morgen völlig alleine. Wir queren sehr steile mit Farn und dickem Gras bewachsene Hänge, bis wir auf 1600 m die Baumgrenze erreichen.
Es ist kurz vor zwei Uhr und es begegnen uns drei junge Wanderer, die heute noch zur Maljovitsa Hütte wollen. Wir machen Ihnen klar, dass sie die Hütte nicht vor Einbruch der Dunkelheit erreichen werden. Sie hatten kaum noch Wasser. Doch all das war für die Jungs kein Grund zur Umkehr.
Kloster Rila
Um drei Uhr treten wir durch die Pforten des Rila Klosters (1150 m).
An der Rezeption erwartet man uns bereits und ich freue mich riesig, dass die Reservierung geglückt ist. Nun dürfen wir also in Mitten des imposanten Klosters im Rilatal übernachten. Das Kloster wird von hohen Mauern umgeben, in denen innerhalb auf drei Stockwerken die Unterkünfte für die Bewohner und Gäste untergebracht sind. Im riesigen Innenhof steht die Kirche mit den vier markanten Kuppeldächern.
Das Rila Kloster ist das religiöse Zentrum, Nationalheiligtum und steht auf der Liste der UNESCO Weltkulturerbe. Um neun Uhr am Abend schließt das Kloster seine Pforten für den Tourismus und wir sind ganz alleine mit den Mönchen.
Im tiefen Tal zwischen den hohen Bergen des Rila Gebirges sitzen wir im Innenhof des Klosters, den Rücken an eine der von der Sonne aufgeheizten Säulen gelehnt. Ein mystisches Gefühl macht sich breit und wir genießen die Ruhe und Eindrücke dieses besonderen Ortes.
Tag 7 – Rila Kloster – Transfer ins Pirin Gebirge Vihren Hütte (17.9.16)
Im Kloster ist es ruhig bis uns der Wecker um halb acht weckt. Hier kann man sich auch sicher fühlen, wacht doch ein klostereigener Polizeiposten 24 h am Tag über die Besucher und Gäste.
Erster Ruhetag, oder besser Transfertag ins zweite große Gebirge, das Pirin in Bulgarien.
Was haben wir gelernt?
1. Auch als teilweise in der Verständigung hilfloser Tourist wird man barsch im tiefsten Bulgarisch angefahren und überlegt mit betretener Miene was wohl schiefgelaufen sein könnte. Nimmt man dies als den normalen Auftakt einer Kommunikation, dann gibt es keine bösen Überraschungen mehr und man freut sich über jedes verständnisvolle Lächeln.
2. Hygienetechnisch sind unsere Crocs überlebenswichtig.
3. Toilettenpapier ist Luxus und gibt es erst ab drei Sterne aufwärts. Außerdem wird das Benutzte nicht einfach in die Toilette geworfen, sondern in einer Art Papierkorb abgelegt. Es wundert nicht, dass auf den Toiletten jeglicher Bedufter versagt.
4. Bei der Speisekarte haben sich die Unterkünfte wohl abgesprochen. Es gibt Paprika, Gurken, Tomatensalat a ch Choppsalat genannt, Omlette, Linsensuppe und natürlich Bohnensuppe. Wenn man Glück hat frittierten Schafskäse und, ja man glaubt es nicht Pommes Frittes mit geriebenem Schafskäse. Frühstück identisch, plus in Ei gewendetes Weißbrot mit Marmelade.
Im Kloster gibt es für uns kein Essen, daher gehen wir in ein kleines Restaurant vor den Toren. Dort gibt es das oben beschriebene herzhafte Frühstück mit Omlette, frittiertem Weißbrot und Marmelade.
Leben im Kloster Rila
Bis um elf Uhr unser Fahrer kommt schauen wir dem Treiben im Klosterhof zu.
Ein Mönch füttert die weißen Tauben, zwei Jungs schießen mit Plastikpistolen auf ihre Geschwister, eine Reisegruppe zieht ratternd ihre Trollies über das bergige Pflaster und der Souvenierverkäufer schnauzt einen ahnungslosen Touristen an, dass er die Postkarte nicht bei Ihm sondern nebenan bezahlen muss. Ich dachte das kenne ich von gestern, da wollte ich auch eine Postkarte kaufen und bin zwei Mal abgeblizt.
Kurz vor elf ist dann unser BulgariaTransfer Shuttle da und wir fahren direkt nach Bansko und weiter auf die 1950 m hoch gelegene Vihren Hütte. In Bansko machen wir noch einen Zwischenstop um unsere Lebensmittel zu ergänzen. Bansko, eine Hotel- und Vergnügungsstadt, Zentrum des bulgarischen Wintersports. Es reiht sich Hotel an Hotel, für uns ein abweisender Zivilisationsschock.
Hütte Vihren
Daher geht es gleich weiter mit unserem Privattaxi das Tal hinauf zur Hütte.
Die Vihren Hütte ist riesig, man bietet uns trotzdem einen Schlafplatz in einem kleinen Gartenhäuschen außerhalb an. Das ist prima, weil wir nicht im Zehnerlager liegen müssen und so unter uns sind.
Es ist erst drei Uhr und eigentlich wollen wir noch etwas unternehmen. So gehen wir das Tal eine halbe Stunde hinunter bis zur Hütte Banderica und schauen uns dort die älteste Pirinkiefer mit einem Alter von 1200 bis 1300 Jahren an. Das war toll 😉 weil gleich mehrere Bulgaren auf den Wurzeln des alten Baumes herumturnen – was der sich wohl gedacht hat.
Am Abend gab es (wie immer) Bohnensuppe, Shopskisalat und frittierten Schafskäse.
–> und weiter geht es im Beitrag zum Pirin Gebirge – klick hier
Beeindruckend! Unbekannte Ortsnamen, schöne Bilder, kurzweiliger Bericht. Bin begeistert beim virtuellem Mitwandern dabei. Gruß mb
Großartig die Seen wahrscheinlich arschkalt nichts zum Baden.Was ihr täglich erlebt ist einmalig. Mom du schreibst so anschaulich ich fühle richtig mit. Super!!!!
Hallo ihr Zwei,
Ich finde die Bilder super schön.
Allerdings hab ich einen kleinen Schreibfehler entdeckt im Satz : „Beim Fotografieren machte sich dann auch noch mein Objektivdeckel selbstständig…“ Richtig heist es : Beim Fotografieren machte sich dann auch noch der Objektivdeckel meines Sohnes selbstständig…“ (:
Hab noch viel Spaß beim Wandern !
Jan
Hallo Jan, vielen Dank ist korrigiert. Wie schnell man doch die Eigentumsverhältnisse vergisst.
Dobr den Männers,
super Landschaft die ihr da bewandert, aber die Lösung mit dem Toilettenpapier bedarf einer weiteren Beschreibung 🙂
Mnogo udowolstwie
Jenson
Die Lösung heute – wie so häufig richtet es die Zeit. Schau es Dir im Blog an. Grüße P & O
Einfach klasse und beeindruckend, euere ausführlichen berichte. Danke. weiterhin tolles wetter, ordentliches essen und schlafbare unterkünfte. freuen uns auf weitere berichte.
Liest sich alles sehr spannend. Ich bleib dran. Gruß mb
Klasse freut uns. Wir schreiben immer wenn wir eine Mobilfunk / Internetverbindung haben. Kuriosa sind in Arbeit.
weiterhin jeden tag ein bisschen glück, tolles wetter und viele neue eindrück und erlebnisse, es ist schön, dass wir immer wieder von eurer tour neues erfahren werden.
grüsse aus dem sehr waren ruit. m+p
Danke Euch. Ja die Temperaturen sinken mit jedem Höhenmeter. Heute auf 2100 m sind es nur knapp über 10 Grad.
Viel Spaß, viel Glück und viel schönes Wetter. Gruß mb
Hallo Mani, vielen Dank. Das Wetter passt, dann kommt der Spaß von alleine.